Kunden können natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften sowie andere, nach ausländischem Recht gebildete Rechtseinheiten (bspw. Trusts) sein. Die Beziehung zwischen dem Finanzdienstleister und Kunden kann vertraglicher oder rein faktischer Natur sein. Als Kunden gelten auch Personen, denen der Finanzdienstleister seine Dienstleistung erst anbietet und mit denen er die Dienstleistungserbringung noch nicht vereinbart hat.
In Anlehnung an MiFID II sowie die bereits bestehenden Bestimmungen im KAG (vgl. Art. 10 KAG) ist im FIDLEG eine Kundensegmentierung vorgesehen, bei welcher zwischen Privatkunden einerseits und professionellen Kunden andererseits unterschieden wird. Als Untergruppe der professionellen Kunden gelten gem. FIDLEG die institutionellen Kunden.
Eine professionelle Tresorerie ist gem. geltender Praxis zu bejahen, wenn das Unternehmen mindestens eine fachlich ausgewiesene, im Finanzbereich erfahrene Person damit betraut, seine Finanzmittel dauernd zu bewirtschaften.
Ziel der Kundensegmentierung ist, jede Kundenkategorie mit einem entsprechenden Schutzniveau zu verbinden. Mit anderen Worten müssen nicht alle Anleger gleichermassen vor den Risiken von Finanzdienstleistungen geschützt werden. Unterschiedliche Schutzniveaus drängen sich aufgrund unterschiedlicher Erfahrungen und Kenntnisse sowie Vermögensverhältnisse der Kunden auf. In diesem Sinn geniessen Privatkunden einen höheren Anlegerschutz als professionelle Kunden, welche wiederum besser geschützt sind als institutionelle Kunden.
Gemäss Art. 20 FIDLEG finden bei Geschäften mit institutionellen Kunden die Verhaltensregeln keine Anwendung. Professionelle Kunden können ausdrücklich auf die Anwendung gewisser Verhaltensregeln verzichten.
Der Finanzdienstleister muss seine Kunden den einzelnen Kategorien zuordnen. Dabei sind die Angaben massgebend, die der Kunde gegenüber dem Finanzdienstleister macht. Weiss oder ahnt der Finanzdienstleister, dass die Kundenangaben nicht stimmen, ist er angehalten, beim Kunden nachzufragen.
Was sind professionelle Kunden?
Als professionelle Kunden gemäss Art. 4 Abs. 3 FIDLEG gelten:
Diese Kundentypen gehören auch zur Kundenkategorie «institutionelle Kunden»
Zudem gelten als professionelle Kunden:
Eine Untergruppe der professionellen Kunden bildet die Gruppe der sog. institutionellen Kunden.
Als institutionelle Kunden im Sinne von Art. 4 Abs. 3 lit. a-d und Art. 4 Abs. 4 FIDLEG gelten:
Im Sinne von Art. 4 Abs. 2 FIDLEG gelten als Privatkunden sämtliche Kunden, die keine professionellen Kunden sind.
Um den spezifischen Kundenbedürfnissen gerecht zu werden, sieht das FIDLEG Möglichkeiten vor, sich der schematischen Kundensegmentierung bis zu einem gewissen Grad zu entziehen.
Vermögende Privatpersonen können im Sinne von Art. 5 Abs. 1 FIDLEG erklären, nicht vom höheren Schutzniveau des Privatkundenstatus profitieren zu wollen (sog. Opting-out).
Im Sinne von Art. 5 Abs. 2 FIDLEG steht die Opting-out-Möglichkeit Privatkunden zu, welche glaubhaft erklären (a) über ein Vermögen von mindestens CHF 500’000 zu verfügen und aufgrund ihrer Kenntnisse und Erfahrungen die Risiken einer Finanzdienstleistung einschätzen können oder (b) über ein Vermögen von mindestens CHF 2’000’000 verfügen.
Kunden, welche von Gesetzes wegen nicht dem erhöhten Schutzniveau des Privatkundenstatus unterstehen, müssen vom Finanzdienstleister auf die Möglichkeit des sog. Opting-in hingewiesen werden (Art. 5 Abs. 7 FIDLEG).
Als Opting-in wird dabei die Möglichkeit verstanden, dass sich professionelle Kunden, die keine institutionellen Kunden sind, mittels schriftlicher Erklärung dem erhöhten Schutzniveau des Privatkundenstatus unterstellen können (Art. 5 Abs. 5 FIDLEG).
Die Kundensegmentierung ist in mehrfacher Hinsicht relevant. So sind etwa bei der Erbringung von Finanzdienstleistungen an institutionellen Kunden bestimmte Verhaltenspflichten nicht anwendbar (Art. 20 FIDLEG).
Konkret sind im Umgang mit institutionellen Kunden nur die allgemeinen Informationspflichten, die Bestimmungen betreffend Rechenschaftsablage sowie die Transparenz- und Sorgfaltspflichten einzuhalten. Insbesondere muss bei Finanzdienstleistungen an institutionelle Kunden keine Eignungs- oder Angemessenheitsprüfung vorgenommen werden. Für die Dienstleistungserbringung an professionelle Kunden sieht das FIDLEG ebenfalls gewisse Erleichterungen vor, so etwa bei der Eignungs- und Angemessenheitsprüfung. Weiter ist die Kundensegmentierung auch für die Ausgestaltung der Produktdokumentation von Bedeutung (z.B. im Zusammenhang mit den Ausnahmen von der Prospektpflicht oder dem Anwendungsbereich des Basisinformationsblatts).
Finanzdienstleister können bei der Kundensegmentierung grundsätzlich von einer zweijährigen Übergangsfrist profitieren.
Es gilt allerdings zu beachten, dass mit Inkrafttreten von FIDLEG / FINIG tritt jedoch auch das angepasste KAG in Kraft. Der Vertriebsbegriff nach Art. 3 KAG sowie sämtliche diesbezügliche Ausnahmen fallen dahin.